Digitale Schule der Zukunft

Digitalisierungsbezogene Schulentwicklung in der Praxis

Die Digitalisierung eröffnet den Schulen zahlreiche Chancen, bringt jedoch auch erhebliche Herausforderungen mit sich. Um den Unterricht mithilfe digitaler Medien weiterzuentwickeln, bedarf es einer Stärkung der digitalen Kompetenzen der Lehrkräfte, einer Optimierung der IT-Infrastruktur sowie einer kooperativen und digitalen Gestaltung von Schule. 

Erweiterung der zentralen Schulentwicklungsdimensionen

Die Digitalisierung stellt Schulen vor eine Herausforderung, die für alle Dimensionen der Schulentwicklung hohe Relevanz besitzt. Im Rahmen des Pilotversuchs Digitale Schule der Zukunft setzen sich teilnehmende Schulen mit fünf Handlungsfeldern der Digitalisierung auseinander: Unterrichtsentwicklung, Personalentwicklung, Organisationsentwicklung, Kooperationsentwicklung und Technologieentwicklung. Sie entwickeln kreative Umsetzungsmöglichkeiten, die bestehende Strukturen berücksichtigen, um daraus individuelle Potenziale für die Schulentwicklung abzuleiten.

© ISB: Dimensionen digitalisierungsbezogener Schulentwicklung nach Eickelmann & Gerick (2018), ergänzt um die Handlungsfelder des Pilotversuchs „Digitale Schule der Zukunft“


Um die digitalisierungsbezogene Schulentwicklung strategisch und unter Berücksichtigung der besonderen Anforderungen anzugehen, erweitern Eickelmann und Gerick (2017) das Drei-Wege-Modell Schulentwicklung (Rolff) um zwei Dimensionen: Kooperationsentwicklung und Technologieentwicklung.

Technologieentwicklung

Die Entwicklung der technologischen Infrastruktur konzentriert sich in erster Linie auf die Gestaltung der schulischen IT. Diese sollte zum pädagogischen Konzept der Schule passen und dabei die Anforderungen aller Beteiligten im Blick behalten. Die Verfügbarkeit der IT-Ausstattung und die technische Unterstützung spielen dabei eine große Rolle. Eine enge Zusammenarbeit mit dem zuständigen Schulaufwandsträger ist ein weiterer Gelingensfaktor.

 (Eickelmann & Gerick, 2017)

Kooperationsentwicklung

Die Förderung kooperativer Prozesse in einer Schule spielt eine entscheidende Rolle in der schulischen Digitalisierung. Dies ermöglicht nicht nur die Nutzung interner Wissensquellen, sondern stärkt auch die Motivation, Selbstwirksamkeit und Innovationsbereitschaft der Lehrkräfte im Umgang mit digitalen Medien. Eine gezielte, fortlaufende Unterstützung seitens der Schulleitung ist hierbei von zentraler Bedeutung. 

(Eickelmann & Gerick, 2017)

Dem Modell liegt zugrunde, dass eine erfolgreiche Umsetzung schulischer Zielsetzungen im Kontext der Digitalisierung Maßnahmen und Veränderungen auf allen Ebenen von Schule erfordert und nachhaltige Veränderungsprozesse sich in der schulischen Arbeit nur dann einstellen, wenn alle fünf Dimensionen bei der Entwicklung von Schulen mitgedacht und bearbeitet werden (Eickelmann, 2010; Eickelmann & Gerick, 2018).

Pilotversuch „Digitale Schule der Zukunft“ 

Im Pilotversuch „Digitale Schule der Zukunft“ widmen sich teilnehmende Schulen unter Berücksichtigung bestehender Strukturen systematisch den fünf Dimensionen digitalisierungsbezogener Schulentwicklung. Sie bearbeiten diese unter Einbindung der gesamten Schulgemeinschaft und im Erfahrungsaustausch mit den anderen Pilotschulen. Der Pilotversuch bietet einen Erprobungsraum, um die personenbezogene Ausstattung der Schülerinnen und Schüler mit einem mobilen Endgerät zur Nutzung im Klassenzimmer und zu Hause zu evaluieren. Dafür sollen bestehende Ansätze, Konzepte, Initiativen und Erfahrungen aufgegriffen, systematisiert, gebündelt und durch ein 1:1-Ausstattungskonzept mit Schülerendgeräten ergänzt werden. Neben der Gewinnung von Erkenntnissen für einen pädagogischen Gesamtansatz ist ein weiteres Ziel des Pilotversuchs, Beschaffungsverfahren zu erproben.

Schulen, die diesen Weg einschlagen, können durch die Umsetzung der fünf Handlungsfelder aus einer 1:1-Ausstattung mit mobilen Endgeräten vielfältige Potenziale schöpfen.


Handlungsfeld  „Unterricht weiterentwickeln“


Lehr- und Lernkultur

Digitale Medien fördern kompetenzorientierten Unterricht, unterstützen individuelles Lernen und stärken Chancengerechtigkeit. Die Einbindung der Geräte in das (schulische) Internet ermöglicht eine Verschmelzung von Klassen- und Onlineräumen, erleichtert kooperatives Lernen und betont verantwortungsvolle Mediennutzung.

Lernziele für die digitale Welt

Kommunikation, Kooperation, Feedback und Vernetzung gewinnen an Bedeutung. Mobile Geräte fördern diese Schulkulturentwicklung.

Effektives Lernwerkzeug

Eine 1:1-Ausstattung ermöglicht digital gestützte Lernformate im Unterricht sowie beim Lernen zu Hause. Sie fördert zudem den Erwerb von Medienkompetenz durch die Verbindung von formalem und informellem Lernen.

Empirische Erkenntnisse belegen, dass eine Steigerung des Lernerfolgs insbesondere bei Lernmethoden möglich ist, in denen digitale Medien und Werkzeuge von Schülerinnen und Schülern aktiv in kollaborativer und interaktiver Weise eingesetzt werden. Im schulischen Kontext ist diese Entwicklung mit folgenden Schlagwörtern verknüpft:

  • Selbstständiges und aktives Lernen
  • Vernetzte Kommunikation und Kollaboration
  • Differenzierung und Individualisierung
  • Anschaulichkeit
  • Neue Lernformate und neue Art des Lernens

© Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus

Weitere Handlungsfelder

Neben den Entwicklungsmöglichkeiten für den Unterricht setzt die Implementierung einer 1:1-Ausstattung folgende weitere Impulse für den gesamten Schulentwicklungsprozess


Digitale Expertise stärken

Startpunkt für die systematische Weiterentwicklung der digitalen Kompetenzen der Lehrkräfte setzen (vgl. DigCompEdu Bavaria)

Schule digital organisieren

Neue Möglichkeiten für eine digitale Kommunikation und Verwaltung erproben

Schule kooperativ gestalten

Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten sowie innerhalb des Kollegiums stärken

IT-Infrastruktur optimieren

Lernförderliche Infrastruktur schaffen

In fünf Schritten zur 1:1-Ausstattung

Ausgehend von den im Rahmen des Pilotversuchs „Digitale Schule der Zukunft“ gesammelten Erfahrungen der Pilotschulen wurden zentrale Planungsschritte zur Implementierung einer 1:1-Ausstattung identifiziert.

Start

Die erfolgreiche Etablierung einer 1:1-Ausstattung beginnt damit, dass die zuständigen Personen herausarbeiten, worin die Vorteile für die eigene Schule liegen, wie sich der Unterricht verändern soll, aber auch, welche Herausforderungen damit verbunden sind. Ein systematisches Vorgehen, eine gezielte Kommunikation und die Einbindung der verschiedenen beteiligten Akteurinnen und Akteure sind zentrale Aspekte, um die Potenziale einer 1:1-Ausstattung nachhaltig zu erschließen und zu nutzen.

Rahmenbedingungen

Eine gelungene Implementierung an der Schule setzt voraus, dass klare Entscheidungen getroffen werden. Auf der Grundlage pädagogischer, technischer und organisatorischer Argumente muss beispielsweise entschieden werden, welche Jahrgangsstufen berücksichtigt werden, welche technischen Mindestkriterien für die mobilen Endgeräte definiert werden, wie ein verlässlicher pädagogischer Rahmen für alle Beteiligten aussehen soll und wie die Erziehungsberechtigten sinnvoll eingebunden werden.

Planung

Die Erstellung eines konkreten Zeitplans ermöglicht es, den Überblick über alle notwendige Schritte zur Implementierung der 1:1-Ausstattung im Laufe des Schuljahres zu behalten. Dieser soll helfen, die Planungsschritte in die bereits bestehenden schulinternen Abläufe zu integrieren und die verschiedenen Aufgabenbereiche miteinander zu koordinieren. Die Planung beinhaltet auch die genaue Ausgestaltung von Konzepten für die Vorbereitung von Lernenden und Lehrkräften auf die veränderte Unterrichtssituation und für die Einbindung von Eltern.

Gerätebeschaffung

Die Beschaffung der mobilen Endgeräte erfolgt über die Erziehungsberechtigten. Die Schule entscheidet sich im Vorfeld für eine Organisationsform des Beschaffungsprozesses und legt fest, welche Unterstützungsangebote sie bereitstellt. Dazu gehört eine transparente Kommunikation über technische Mindestanforderungen und organisatorische Gegebenheiten.

Unterricht

Die Implementierung der 1:1-Ausstattung endet nicht mit der Ausgabe der Geräte. Sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch die Lehrkräfte der Schule benötigen einen gut vorbereiteten Start in das veränderte Unterrichtssetting. Dies gelingt, indem verschiedene Maßnahmen an der Schule etabliert werden, die den Einstieg erleichtern und die definierten Ziele kontinuierlich fortführen. Dazu gehören ein Einarbeitungskonzept für die Lernenden, flankierende medienerzieherische Maßnahmen und eine Besprechung für die beteiligten Lehrkräfte. Darüber hinaus sollten die Eltern auf geeignete Weise Einblicke in den veränderten Unterrichtsalltag erhalten. Das langfristige Ziel besteht darin, den Unterricht weiterzuentwickeln, die Lernenden zur sicheren und kompetenten Mediennutzung zu führen und die Erziehungspartnerschaft zu stärken.

Eine kontinuierliche Qualitätsentwicklung sichert den Erfolg des Schulentwicklungsprozesses. Dazu sollte regelmäßig und systematisch Feedback aller beteiligten Gruppen eingeholt werden.

Ausblick

Als ein zentrales Ergebnis des Pilotversuchs „Digitale Schule der Zukunft” entsteht im Laufe des Schuljahres 2023/24 ein Praxisleitfaden, der konkrete Erfahrungen und Materialien der Pilotschulen im Zusammenhang des Lernens in einer 1:1-Ausstattungskonstellation bündelt. Damit sollen alle Schulen unterstützt werden, die sich zukünftig auf den Weg einer erfolgreichen Implementierung einer 1:1-Ausstattung machen. Im Zentrum stehen dabei die oben genannten fünf Planungsschritte. Zusätzlich werden Orientierungshilfen aus der Praxis sowie eine Vielzahl an konkreten Materialien zur Umsetzung an der eigenen Schule angeboten. Diese finden Sie bereits jetzt im mebis Magazin. Das Angebot wird kontinuierlich ausgebaut.

Der Leitfaden…

  • … gibt einen Überblick über den gesamten Prozess,
  • … definiert klare Aufgabenbereiche, die sich aus den Handlungsfeldern ergeben,
  • … erleichtert die Arbeit durch Hilfestellungen und Vorlagen,
  • … liefert konkrete Umsetzungsvorschläge und Praxisbeispiele,
  • … bietet konkrete Unterrichtsmaterialien.

Jochen Arlt
Fachreferent Mediendidaktik und digitale Schulentwicklung

Viola Bauer
Fachreferentin Mediendidaktik und digitale Schulentwicklung

Empfohlene Zitierweise

Bauer, V. & Arlt, J. (2023): Digitale Schule der Zukunft: Digitalisierungsbezogene Schulentwicklung in der Praxis. In: Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München (ISB) (Hrsg.), ISB-Info „Fokus Schulentwicklung. Partizipativ – lebendig – innovativ". Verfügbar unter: https://isb-magazin.de/isb-info/isb-info-schulentwicklung/digitalisierung-schulentwicklung.

Literaturverzeichnis

Eickelmann, B. & Gerick, J. (2017): Lehren und Lernen mit digitalen Medien – Zielsetzungen, Rahmenbedingungen und Implikationen für die Schulentwicklung. Schulmanagement Handbuch, S. 54-81.

Eickelmann, B. & Gerick, J. (2018): Herausforderungen und Zielsetzungen im Kontext der Digitalisierung von Schule und Unterricht. Teil 2: Fünf Dimensionen der Schulentwicklung zur erfolgreichen Integration digitaler Medien. SchulVerwaltung Hessen/Rheinland- Pfalz, 23(6), S. 184–188.

Rolff, H.-G. (2013): Schulentwicklung kompakt, Modelle, Instrumente, Perspektiven, Weinheim/Basel.

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