Evaluation und Schulentwicklung

Evaluation ist für Huber et al. (2014) die „Beschreibung einer Maßnahme, die einen erreichten Zustand, den Erfolg oder Fortschritt überprüft“ (Huber et al., 2014, 58). Sie stellt so die entscheidende Grundlage für Schlussfolgerungen und im weiteren für die Planung neuer Maßnahmen dar:

Abbildung: qms.at

Der Qualitätskreislauf  zeigt, wie sich die vier Bestandteile „Planen“, „Durchführen“, „Überprüfen (Evaluation)“ und „Schlussfolgern“ in einem Entwicklungsprozess einander bedingen. Evaluation dient dazu, Durchgeführtes zu überprüfen und zu bewerten, um daraus Schlussfolgerungen ziehen zu können und diese für die weitere Planung zu nutzen.  Evaluation weist die Richtung für die nächsten Entwicklungsschritte auf. 

Evaluation ist demnach ein unverzichtbarer, ebenbürtiger Bestandteil eines Schulentwicklungsprozesses. Nach Altrichter, Messner und Posch (2004) nimmt sie in der Praxis  jedoch oft eine untergeordnete Rolle ein. Die Ablehnung rührt daher, dass Schulen Evaluation als Kontrolle, beispielsweise durch übergeordnete Behörden, erlebt haben. Doch diese Ablehnung behindert eine Weiterentwicklung enorm. Sie spalten daher Evaluation nach ihren Zwecken auf und trennen Evaluationen, die externen Ansprüchen genügen von internen Evaluationen, die im Kollegium gemeinsam entwickelt und durchgeführt werden (vgl. Altrichter et al 2004, 23). 

Wie die Erfahrung zeigt, hat fast ausschließlich die interne Evaluation einen Nutzen im Hinblick auf Wachstum und Entwicklung der einzelnen Schule (vgl. Altrichter et al 2004, 130). Evaluation wird hier ihrer Wortherkunft „valere“ (= stark, wert sein) am ehesten gerecht, da sie dazu dient, Maßnahmen hinsichtlich ihres Wertes für die Schule zu hinterfragen. Immer mit dem Blick auf eine „wert“-volle Begleitung der Schülerinnen und Schüler. 

Zielformulierung

Was soll genau überprüft werden? Was sollte mit der Maßnahme erreicht werden?

Evaluation vorbereiten und durchführen

  1. Indikatoren/ Merkmale formulieren, die erkennen lassen, ob das Ziel erreicht wurde (z.B. Wie oft wurde der Streitschlichter in der Woche zu Hilfe gerufen?)
  2. Standards erarbeiten: wie werden die Daten interpretiert und als Erfolg bzw. Misserfolg gewertet (trifft zu – trifft nicht zu)
  3. Auswahl der geeigneten Methoden
    • schriftliche Formen wie Fragebögen, Fallstudien, Tagebuchaufzeichnung 
    • mündliche Formen wie offene, teilstrukturierte und strukturierte Interviews einzelner Personen oder Gruppen
    • Beobachtungsverfahren wie kollegiale Hospitation, Shadowing mit Hilfe von Protokollen, Notizen, Videoaufzeichnungen
    • gestalterische Formen wie Rollenspiele, Hörbilder, Reportagen, Themenplakate
    • Datenanalyse durch Auswertung von standardisierten Testungen, Leistungsergebnissen, Statistiken, Protokollen, Auszeichnungen, Artikeln, Homepages, Jahresberichten (vgl. Schratz et al., 2012, 90)
    • Ratingkonferenzen nach Landwehr: Fragebogen, Auswertung und Interpretation in der Gruppe

Evaluation abschließen

  1. Diskussion:

„Es bedarf immer einer Interpretation und Diskussion der Ergebnisse aus den verschiedenen Blickwinkeln der beteiligten Personen […] der selbstevaluierenden Einzelschule […] Diese inhaltliche Auseinandersetzung mit der eigenen schulischen Qualität und Realität regt die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnis von Qualität […] an.“ (Lichtinger/ Rigger 2022, 142)

  1. Bericht: 

Schriftliche Zusammenfassung der Ergebnisse und Analysen; Gestaltung und Umfang eines Berichts sind sehr variabel 

3. Wertschätzung

Gegenseitiges Wertschätzen für die geleistete Arbeit und Feiern der Erfolge

Evaluation und herausforderndes Verhalten

Mut zum kritischen Blick: Es ist kontraproduktiv, Probleme zu verdecken. Es erfordert Mut, das eigene Tun kritisch zu hinterfragen und offen zu thematisieren. Schülerinnen und Schüler mit herausforderndem Verhalten führen an die Belastungsgrenze der Pädagoginnen und Pädagogen. Ineffektive Maßnahmen sind daher kein Scheitern, sondern sind als „nicht zielführend“ zu verstehen, ohne zugleich die bisherige pädagogische Arbeit negativ zu bewerten. 

Wertschätzende, ressourcenorientierte Haltung innerhalb des Kollegiums, auch in der Evaluation und im Umgang mit den Untersuchungsergebnissen, ist für einen positiven Schulentwicklungsprozess unumgänglich. Nur auf der Basis der Anerkennung kann es gelingen, Evaluationen gewinnbringend für eine positive Entwicklung wahrzunehmen.   

Evaluationsmethoden anpassen: bei herausforderndem Verhalten stellen sich die Probleme oft sehr unterschiedlich dar. Evaluationsmethoden wie die Ratingkonferenz beinhalten einen hohen Anteil an mündlichem Austausch der Beteiligten und können dadurch sehr wertvolle Ergebnisse liefern, die zu individuell angepassten Maßnahmen führen.

Durch Evaluation den eigenen Weg finden: insbesondere belastete Schulen benötigen ein „auf ihren jeweiligen Entwicklungsstand zugeschnittenes ´Paket` von Strategien“ (Huber 2020, 157). 

Belege

  • Lichtinger, Ulrike / Rigger, Ursula (2021): Schule wird gelingen mit Flourishing SE: Das Praxisbuch der Positiven Schulentwicklung, Hürth
  • Buhren, Claus G (2019): Evaluation – Definitionen, Abgrenzungen und Klärungen. In: Buhren, Claus G. / Klein, Günter / Müller, Sabine (Hrsg.): Handbuch Evaluation in Schule und Unterricht, Frankfurt, 16 – 29
  • Huber, Stephan / Hader-Popp, Sigrid / Schneider, Nadine (2014): Qualität und Entwicklung von Schule: Basiswissen Schulmanagement. Weinheim
  • Altrichter, Herbert / Messner, Elgrid / Posch, Peter (2004): Schulen evaluieren sich selbst. Hannover
  • Bundesministerium Bildung, Wissenschaft und Forschung: Qualitätsmanagementsystem für Schulen www.qms.at/ueber-qms/qualitaetskreislauf. QMS im Überblick – Version 1.1, 2022,25 Aufgerufen am 12.06.2023 um 9.00 Uhr
  • Schratz, Michael / Iby, Manfred / Radnitzky, Edwin: Qualitätsentwicklung: Verfahren, Methoden, Instrumente. Weinheim

Zugehörige pädagogische Bausteine:

Schulleitung als Gate Keeper

Zur entscheidenden Rolle von Leitung in Schulentwicklungsprozessen.

Tagebuch eines Schulentwicklungsprozesses


Dieser Artikel ist ein Baustein der ISB-Veröffentlichung

Haltung und Handlungssicherheit –

Schulentwicklung bei herausforderndem Verhalten.

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Titelbild: © ISB. Evaluation. Grafik: Rosalie Heinen