Theater-Projekt

Beim Theater-Projekt gibt es für tatsächlich alle Schülerinnen und Schüler eine Rolle und Aufgabe – auf und hinter der Bühne – und am Ende Applaus. Bühne frei

Haltung

  • Wir glauben an dich und deine Fähigkeiten. 
  • Wir geben dir und deinen Bedürfnissen eine Ausdrucksmöglichkeit - hinter oder auf der Bühne.
  • Wir gestalten dir eine Bühne, auf der du Erfolg hast.
  • Zusammen schaffen wir eine wertschätzende Schulatmosphäre, indem wir etwas Großes gemeinsam tun.

Worum geht's?

In der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit dem Förderschwerpunkt esE sind folgende Elemente zentral:

1. ICH-Stärkung

Die Schule mit dem genannten Förderschwerpunkt besuchen Kinder und Jugendliche, die in ihrer Biographie häufig ein negatives Selbstkonzept entwickelt haben. Dieses spiegelt sich in ungünstigen Denkmustern wider. 

Deshalb ist es eines unserer wichtigsten Anliegen, selbstwertstärkende Erfahrungen immer wieder aufs Neue und auf verschiedenen Wegen zu initiieren:

Ich bin niemand.“„Ich bin Wer" und habe Sehnsüchte und Wünsche.“

„Niemand sieht mich.“ 

„Es ist jemand da, der mich sieht, an mich glaubt und für mich da ist.“

Ich kann nichts und alles geht schief.“

„Ich kann etwas.“

Ich glaube an mich und traue mich!"


Hoffentlich sieht mich keiner."
Schaut, ich zeige es euch es euch."

 
2. WIR-Stärkung

Neben den selbstwertstärkenden Erfahrungen ist auch das Erlebnis, sich in einer Gruppe wohlzufühlen und hier eine eigene gute Position zu finden, elementar.

„Ich gehöre nirgends dazu.“

„Ich möchte ein Teil der Gemeinschaft sein.“

„Zusammenarbeit geht meistens schief.“

„Gemeinsam schaffen wir etwas.“

„Oft sehe ich nur mich selbst.“ 

„Wir können uns mit anderen für ihre Erfolge freuen.“

„Wir gehen auf eine Förderschule.“

„Wir identifizieren uns mit unserer Schule.“


Was tun wir?

Ein (jährliches) Theater-Projekt kann für die Schülerinnen und Schüler EIN Weg sein, diese oben beschriebenen positiven Erfahrungen zu machen.

Das hier vorgestellte Theater-Konzept erhält seine Individualität und Spezifität durch folgende Maxime:

Zu wirklich jedem Zeitpunkt des Projekts wird versucht, die Theatergestaltung

  • am herausfordernden Verhalten der Kinder und Jugendlichen (z.B. kurze Aufmerksamkeitsspanne, hohes verbale und körperliches Aggressionspotential, geringe Frustrationstoleranz, Motivationslosigkeit) auszurichten
  • und gleichzeitig mit der individuellen Zusammenstellung der Theater-Inhalte ihre Ängste, Bedürfnisse, Wünsche und Fähigkeiten aufzugreifen.

Warum ist uns das wichtig?

ICH-Stärkung und WIR-Stärkung bedingen sich in dem Theater-Projekt gegenseitig.

WIR-Stärkung „passiert“ scheinbar „wie nebenbei“, wenn die Kinder und Jugendlichen 

  • gemeinsam die Geschichte hören, gemeinsam die Rollenverteilung meistern, gemeinsam die Kulisse entwerfen, gemeinsam Theaterszenen proben, 
  • hierbei gemeinsam aufeinander achten,
  • sich auch gemeinsam freuen, wenn jemand sich etwas zutraut oder jemandem etwas richtig gut gelingt, und
  • gemeinsam die Aufregung vor der Aufführung spüren und am Ende gemeinsam den Applaus ernten und somit Schule zu Ihrer gemeinsamen Schule machen und diese durch ihr Mitgestalten weiterentwickeln.

Worauf ist zu achten?

Auf der Grundlage der genannten Maxime entwickelte sich diese konkrete Schrittabfolge.

Sie ist nicht an ein bestimmtes Theaterstück gebunden, sondern sieht sich als „Grundgerüst“ für die Theater-Gestaltung mit Schülerinnen und Schülern mit herausforderndem Verhalten.

Wichtige Gelingensfaktoren sollen hier exemplarisch herausgegriffen und begründet werden:

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Willkommenskultur und Unverbindlichkeit

Willkommenskultur und Unverbindlichkeit in der 1. Phase des Theater-Projekts

Begründung:

„Neues“ macht oft Angst und ruft vorschnell eine ablehnende Haltung hervor.

Wandlung von Belastungen in Entlastungen

  • Prinzip der Freiwilligkeit, Zeit zum Überlegen und Nachfragen, Einzelgespräche
  • Möglichkeiten, sich auf vielfältigste Weise in die Theatergestaltung einzubringen

„Ich bin dabei, 

- auch wenn ich nicht vorne auf der Bühne stehe. 

- auch wenn ich auf der Bühne nicht laut sprechen möchte usw.“

  • bis zum Schluss: Möglichkeit, die übernommene Rolle Stück für Stück passgerechter zu machen
  • zeitlich dosierte Einzel- und Kleingruppenproben
  • klare Ansagen und Angaben zu zeitlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen, z.B. durch verlässlichen und transparenten Proben-Kalender, den jede beteiligte Person im Vorfeld bekommt. Die Termine werden mit den Lehrkräften abgesprochen und mit den Jugendlichen besprochen.

Begründung:

Lernende mit herausforderndem Verhalten sind nicht per se „geborene Schauspieler“.

Einige Schülerinnen und Schüler empfinden das Groß-Projekt Theater und das „alleine vor anderen auf der Bühne stehen“ weniger als „Freude“, sondern vielmehr als „Belastung“.

Hier gilt es, möglichst viele „Belastungs-Aspekte“ (im Vorfeld) aufzuspüren und in Entlastung umzuwandeln.

Erfahrungen, Bedürfnisse, Ängste, Sehnsüchte der Schülerinnen und Schüler

  • sind zentrale Themen des Theaterstücks und
  • werden aufgegriffen in einer medialen Präsentation, die in das Theaterstück integriert ist.

Beispiele:

  • Wunsch, „gemocht“ zu werden
  • Wunsch nach Frieden zuhause und auf der Welt
  • Wunsch nach Unbeschwertheit


Begründung:

Ziel des Theaterprojekts ist es, dass 

  • die Schülerinnen und Schüler „gehört“ werden,
  • ihnen durch das Theaterstück eine Ausdrucksmöglichkeit angeboten wird,
  • sie sich mit dem Thema identifizieren können und
  • das Stück zu ihrem Stück wird.

„Wertsteigerung“ des Theaterprojekts und Honorierung des Engagements  

  • durch professionelle Rahmenbedingungen (z.B. Mikrophone, Lautsprecher, (Kinder-)Sekt-Empfang) und 
  • durch Belohnungen verschiedenster Art

Begründung:

Wenn Kinder und Jugendliche spüren, dass dem Theaterprojekt auch durch die Rahmenbedingungen ein hoher Stellenwert beigemessen wird, gewinnt es für sie zusätzlich an Wert. Das motiviert und spornt an.

Was nimmt man wahr?

  • Einzelne Schülerinnen und Schüler wachsen während des Projekts über sich hinaus. Sie haben hinter oder auf der Bühne wertvolle Erfolgserlebnisse (Ich-Stärkung).
  • Die mediale Präsentation mit Stimmen und Fotos der Schülerinnen und Schüler berührt diese selbst und auch das Publikum und stellt eine sehr wichtige Ausdrucksform im Theater-Projekt dar (Ich-Stärkung).
  • Lehrkräfte und Lernende verschiedener Klassen lernen sich kennen und schätzen (Wir-Stärkung).
  • Die Arbeit an einem gemeinsamen Projekt (Vorfreude, Stress, Aufregung, Fokussierung, Stolz) verbindet und stärkt das Gemeinschaftsgefühl (Wir-Stärkung).
  • Das jährliche Theater-Projekt wird zum Ritual. Es ist während des gesamten Schuljahres präsent – in Gesprächen, Fotocollagen oder Videos. Die Schülerinnen und Schüler zehren lange Zeit danach noch davon, so dass es das Schulleben nachhaltig prägt. 
  • In (schwierigen) Situationen im Unterrichtsalltag kann auf die Erfolgserlebnisse während des Theater-Projekts zurückgegriffen werden. Diese gilt es dann bei Schülerinnen und Schülern bewusst wieder in Erinnerung zu rufen: „Du kannst was. Du hast es gezeigt“. 

Wie sieht das aus?


Theater begleitende Powerpoint

Begleitend zum Theater wird den Zuschauern eine erklärende Powerpoint-Präsentation gezeigt.


Drehbuch

Alle Akteure und Akteurinnen erhalten ein Drehbuch mit Spiralbindung.


Einladung


Eine Klasse übernimmt die Gestaltung der Einladungskarten.


Rollenverteilung


Die Rollenverteilung findet im gemeinsamen Gespräch statt.


Begrüßungs- und Schlusstext

Jugendliche übernehmen die Begrüßung und Verabschiedung.


Auszug aus dem Probenkalender

Jeder weiß, wann und wohin er zur Probe kommen soll.

Schülerstimme

Warum bist du an der Garellischule? Warum machst du beim Theater mit? Ein Schüler berichtet. (3:39 min.)

Theater spielen heißt: auf das Gegenüber achten.

Dieser Baustein wurde an der Bartolomeo-Garelli-Schule erarbeitet und erprobt.

Zugehörige Theoriemerkmale:

"Präventive Wende" als bewusste Entscheidung in der pädagogischen Schulentwicklung.

Schule als Ort, an dem es Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen gut geht.

Statt jedem das Gleiche, jedem das, was er braucht.

Dieser Artikel ist ein Baustein der ISB-Veröffentlichung

Haltung und Handlungssicherheit –

Schulentwicklung bei herausforderndem Verhalten.

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Bilder: © ISB. Miriam Schneider/ Rosalie Heinen