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© ISB: Haltung. Grafik: Rosalie Heinen

Haltung ist ein Konstrukt, dem eine hohe Bedeutung für das Agieren von Lehrkräften zugeschrieben wird. Sie ist Ausdruck individueller und sozial geteilter, „verdichteter“ Wahrnehmungs-, Deutungs-, und Reaktionsmuster, die eng verwoben sind. Damit kann Haltung weniger erlernt werden, sondern wird erfahrungsbasiert über die (Berufs-) Biographie erworben.

Sie vereint bewusste wie auch unbewusste, affektive wie auch kognitive Elemente. Deshalb ist die konkrete Haltung eines Menschen schwer zu erfassen und auch kurzfristig veränderungsresistent. 


Bezüge, Funktionen und Effekte von Haltung

Haltung kann sich auf Personen aber auch „Gegenstände“ ´(z. B: „Schulentwicklung“) beziehen. Dabei vermittelt sie zwischen der Wahrnehmung einer Situation und der entsprechenden Reaktion, indem Haltung immer auch eine bewertende Funktion des Gegenübers als auch des Selbst hat. Die ökonomische Funktion von Haltung bewirkt, dass nicht jede Situation neu bewertet und entschieden werden muss.

Weiterhin hat die Haltung verschieden Effekte:

  • Der Filtereffekt beeinflusst die Wahrnehmung und Interpretation von Ereignissen. Neue Informationen und Erkenntnisse, die nicht zu den bisherigen Erfahrungen und Vorstellungen passen, werden ausgesiebt. 
  • Durch den motivierenden Effekt beeinflusst Haltung die Entscheidung für oder gegen eine Handlung. 
  • Der Steuerungseffekt beeinflusst die Auswahl der Reaktionen auf Handlungen anderer.

Veränderung von Haltungen

Haltungen sind schwer zugänglich und lange etabliert und deshalb stabil, können aber trotzdem verändert werden. Nötig dafür ist die Reflexion von pädagogischen Situationen: Indem die fehlende Passung von etablierten Wahrnehmungs-, Deutungs- und Reaktionsmustern in pädagogischen Situationen bewusst wird, können alternative Muster überhaupt erst entwickelt werden. 

Erst wenn diese neuen Konzepte subjektiv als plausibel erlebt werden, können sie bestehende Haltungen ersetzen bzw. verändern. 


(Professionelle) Haltung und herausforderndes Verhalten

Besonders Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf emotionale und soziale Entwicklung fordern durch ihr Verhalten in Unterricht und Schule die Haltung der Lehrkräfte heraus. Aus Sicht der Akteure im System Schule stören sie den Unterricht, verursachen verbale und körperliche Konflikte mit Mitschülerinnen und Mitschülern und provozieren die Autorität der Lehrkraft. Oft reproduzieren sie in der Interaktion Schülerin/Schüler – Lehrkraft ihre erlernten Muster des schulischen Scheiterns und des Beziehungsabbruchs. Indem sie den zentralen Auftrag der Lehrkräfte – nämlich fachliches sowie soziales und emotionales Lernen – zumindest in Frage stellen, oft aber auch zum Scheitern bringen, zwingen sie diese in offene und verdeckte Konflikte. 

Entsprechend wichtig ist es, dass Lehrinnen und Lehrer ihre Erfahrungen mit herausforderndem Verhalten bewusst reflektieren und mit ihren Werten verhandeln. Erfolge bestärken die zugrunde liegenden Wertvorstellungen und die entsprechende Handlungsweise. Im Falle erzieherischen Scheiterns ist es nötig, die grundsätzliche Richtigkeit der Werte und Handlungsweisen gegen Misserfolge und enttäuschte Erwartungshaltungen zu behaupten und in einen erklärenden Sinnzusammenhang – eine Haltung – zu integrieren. Erst damit wird es möglich, professionelle Erfahrung im nötigen Maß von persönlicher Betroffenheit abzugrenzen. Die Arbeit an der eigenen professionellen Haltung hat damit auf Dauer einen entscheidenden Anteil an der Lehrergesundheit. 


Hilfreiche Haltungen bei herausforderndem Verhalten mehr



Haltung und Schulentwicklung

Haltungen und Handlungssicherheit bedingen sich gegenseitig: Haltungen filtern Wahrnehmung und steuern Handlungsweisen – wirksame bzw. als erfolgreich wahrgenommene Handlungsweisen prägen Haltungen. In dieser Wechselseitigkeit wird deutlich, warum für nachhaltige Veränderungen  immer beide Aspekte in den Blick genommen werden müssen.

Insofern hat Haltungsvermittlung auch immer eine institutionelle Komponente und Relevanz: Durch Thematisierung von gemeinsamen Werten und Handlungsstrategien in Tandems, Teams und Kollegien wird Haltung entweder bewusst oder aber durch Übernahme von Handlungsweisen unbewusst habitualisiert. Auf diesem Weg wird sie institutionell tradiert und im besten Fall in Form eines pädagogischen Konzepts identitätsstiftend („Hier an der XY-Schule ist uns wichtig… und handeln wir ….“). 

Entsprechend müssen Schulentwicklungsprozesse so gestaltet werden, dass einzelne Lehrkräfte aber auch das gesamte Kollegium in den Austausch und ggf. die Neuausrichtung von Haltungen kommen.

Zugehörige pädagogische Bausteine:

Sit in

Vereinte Erwachsenen-Präsenz als gewaltloser Widerstand.

Krisengespräch

​Strukturierte Krisenbewältigung mit Schülerinnen und Schülern.

Theater-Projekt

Ich-Stärkung und Wir-Stärkung: Bühne frei!

Dieser Artikel ist ein Baustein der ISB-Veröffentlichung

Haltung und Handlungssicherheit –

Schulentwicklung bei herausforderndem Verhalten.

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Titelbild: © ISB: Haltung. Grafik: Rosalie Heinen