Im pädagogischen Kontext verstehen wir unter Intervention eingreifende Maßnahmen von Pädagoginnen und Pädagogen in als gefährdend bewertete inter- oder intrapersonale Prozesse der anvertrauten Kinder und Jugendlichen. Dabei ist es von Bedeutung, den Blickwinkel nicht einseitig auf „eskalierendes Verhalten“ zu reduzieren, sondern die Aufmerksamkeit auch auf alle „stillen“ Formen herausfordernden Verhaltens zu richten.

Diese Definition setzt

  • sowohl die in der Fachliteratur im sonderpädagogischen Kontext beschriebenen und verstandenen Formen von Intervention, z.B. Beratung, Classroom-Management, Trainings und Programme (Müller 2021, 172),
  • als auch die besondere Bedeutung einer pädagogischen Haltung (Müller 2021, 190)

als grundlegend voraus und erweitert sie um den Aspekt des „aktiven bzw. reaktiven Eingreifens“.

„Präventive Interventionen sind Maßnahmen, die ... vorzeitig erfolgen. In der Kombination … lässt sich auch von verhindernden, verhütenden oder vermeidenden Maßnahmen sprechen, auch von Schutzmaßnahmen vor Gefahren oder der Absicherung von Risiken.“


(Papenkort 2019)


Intervention und herausforderndes Verhalten

Ein wesentliches Merkmal für einen gelingenden Umgang mit herausforderndem Verhalten kann zunächst eine breite Palette erprobter individueller Interventionsstrategien der einzelnen Lehrkraft sein.

Ebenso sind hier im Einrichtungsrahmen konzeptionell verankerte Interventionskonzepte bzw. Absprachen für „eskalierende“ Situationen zu nennen.

Im Umgang mit herausforderndem Verhalten konkretisiert sich Intervention in Verhaltensweisen und Aktionen, die beruhigend und deeskalierend wirken, z.B. in der Einwirkung 

  • auf emotional erregte (einzelne) Schülerinnen und Schüler,
  • in Konflikte zwischen Schülerinnen bzw. Schülern und Erwachsenen,
  • in Konflikte zwischen Kindern oder Jugendlichen und
  • bei Eskalationen mit Auswirkungen auf die Lernumgebung (z.B. Sachbeschädigung bei Einrichtungsgegenständen).

Interventionen konkretisieren sich auch strukturell - organisatorisch, z.B.

  • in der zeitlich abgestuften Nachbesprechung (von der "emotionalen ersten Hilfe" bis zur Konfliktklärung und ggf. Wiedergutmachung)  mit allen Beteiligten, welche eine eskalierende Situation im Schulalltag erlebt haben,
  • in der regelmäßigen Auseinandersetzung und Reflexion des institutionell verankerten Konzeptes für eskalierende Situationen (z.B. zum Schuljahresbeginn; für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter),
  • in der Gestaltung und Anpassung von personellen, räumlichen und kommunikativen Strukturen, welche ein rasches, wirksames und möglichst wenig eskalierendes Eingreifen unterstützen sowie
  • in der offenen und transparenten Kommunikation mit allen Beteiligten über die Interventionskonzepte und -strategien an der Schule (v.a. mit den Schülerinnen und Schülern und ihren Sorgeberechtigten, z.B. vor der Aufnahme in die Einrichtung).

Intervention und Schulentwicklung

Aufgrund der pädagogischen Notwendigkeit werden intervenierende Maßnahmen oft an einem frühen Zeitpunkt von Schulentwicklungsprozessen thematisiert. Lehrkräfte wünschen sich dann zügig Veränderungen im pädagogischen Handeln.

Damit Interventionen bei herausforderndem Verhalten pädagogisch wirksam sind, ist es wichtig, dass diese 

  • gemeinsam im Team
  • aus einer geteilten Haltung 
  • geplant, umgesetzt, reflektiert und 
  • insbesondere am tatsächlichen Bedarf der Schülerinnen und Schüler orientiert sind.

Entsprechend ist es wichtig, dass für eine nachhaltige Wirkung die Innovation von reaktiven Interventionen (z.B. im Sinne von Konsequenzen) immer auch durch einen Veränderungsprozess des pädagogischen Settings begleitet ist.

Belege

Müller, Thomas (2021): Basiswissen Pädagogik bei Verhaltensstörungen. Berlin

Papenkort, Ulrich (2019): in Prävention.  https://www.socialnet.de/lexikon/Praevention. zuletzt abgerufen am 19.04.2024


Zugehörige pädagogische Bausteine:

Sit in

Vereinte Erwachsenen-Präsenz als gewaltloser Widerstand.

Krisengespräch

​Strukturierte Krisenbewältigung mit Schülerinnen und Schülern.

Bewährungsklasse

Strukturen verändern statt Beziehungsabbruch.

MarKo-Modell

Ein besonderes Kooperationsmodell zwischen Schule und Jugendhilfe.

Schattenstundenplan

Veränderung vermeidet Eskalation.

Notfallplan

Pause zum sicheren Raum machen.

Dieser Artikel ist ein Baustein der ISB-Veröffentlichung

Haltung und Handlungssicherheit –

Schulentwicklung bei herausforderndem Verhalten.

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Titelbild: © ISB. Intervention. Grafik: Rosalie Heinen