Der FFF - Pokal

Chips für ein friedliches, freundliches und faires Schulklima


Haltung

  • Jedes Kind und jede bzw. jeder Jugendliche hat die Sehnsucht nach positiver Normalität.
  • Gerade Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf esE brauchen Anerkennung.
  • Hier gilt es anzusetzen und zu verstärken.

 

Worum geht's?

Die pädagogische Situation soll aus zwei Blickwinkeln betrachtet werden:

1. Wert der „Achtsamkeit“ als Grundlage des Zusammenlebens

Der tägliche (Schul-)Alltag stellt hohe soziale Anforderungen: Es herrscht eine große Kommunikationsdichte durch vielfältige Interaktionen und rasche Szenenwechsel. Jede Interaktion bringt unterschiedliche Erwartungen, Bedürfnisse, Stimmungen, Gewohnheiten und Interessen mit sich. Jede Interaktion birgt deshalb auch die Gefahr von Missverständnissen, Enttäuschungen oder Verletzungen. Schnell kann sich eine Spirale misslingender Interaktion (z.B. verbaler und körperlicher Konflikt, Verletzen der Würde) aufbauen. Die gegenseitige Achtsamkeit, welche sich aus dem Grundgesetz-Artikel „Die Würde jedes Menschen ist unantastbar“ ableitet, kann diese Spirale bereits in den Anfängen bremsen.

Achtsamkeit findet ihren praktischen Ausdruck beispielsweise im Bemühen um einen friedlichen, freundlichen und fairen Umgang miteinander.

2. Lebensbedingungen vieler Kinder und Jugendlicher mit herausforderndem Verhalten

In den Familien und im sozialen Umfeld dieser Kinder und Jugendlichen besitzt der Wert Achtsamkeit oft keinen großen Stellenwert. Er wird im Alltag kaum oder nicht (vor-)gelebt. Vielmehr prägt ein rauer und nicht selten auch herabwürdigender Umgangston die Interaktionen. Ein Schüler der 4. Klasse fragt beispielsweise: „Frau Schneider, ist es eigentlich normal, dass eine Mama zu ihrem Kind: Du verf***tes *****loch sagt?, nur weil ich den Saft verschüttet habe?“

Nun gilt es diese zwei Blickwinkel zusammenzubringen.

Mit der festen Überzeugung, dass jedes Kind von Grund auf „gut“ sein will, aber in seinem sozialen Umfeld kein ausreichendes Übungsfeld hierfür bekommt, kann und muss Schule dieses Übungsfeld für den achtsamen Umgang miteinander sein.

 

​Was tun wir?

Der FFF - Pokal steht für drei Adjektive, in denen der achtsame Umgang miteinander seinen praktischen Ausdruck findet:

Wir gehen FRIEDLICH, FREUNDLICH und FAIR als Schulgemeinschaft miteinander um.

Jedes freundliche, friedliche oder faire Verhalten eines Kindes wird von einem Erwachsenen, der in diesem Moment präsent ist, mit einem bunten Plastik-Chip belohnt. Jede Klasse sammelt in einer Spardose ihre bunten Plastikchips. In regelmäßigen Abständen werden diese gezählt. Die Klasse mit den meisten Chips erhält den FFF - Pokal.

Chips als Belohnung

Angelika Mehlhorn, Lehrerin in der 1. und 2. Klasse  (0:26 min)

Heranführen an Tugenden

Sabrina Töpfer, Lehrerin in der 5. und 6. Klasse (1:01 min)

Grenzen des FFF - Pokals

Julian Söhnlein, HPF in der 8. und 9. Klasse (2:06 min)

Wie sieht das aus?

Wann wird der FFF - Pokal eingeführt?

Der FFF - Pokal wird in der 1. Schulversammlung des Schuljahres, also im September, durch die Schulleitung unter Beteiligung aller Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, Schulbegleitungen usw. eingeführt.

Wie wird der FFF - Pokal eingeführt?

Im Vorfeld der 1. Schulversammlung werden in allen Klassen Statements zu den Adjektiven: „friedlich“, „freundlich“, „fair“ gesammelt und diese in einer digitalen Präsentation festgehalten.

Da die drei Begriffe abstrakt und sehr allgemein sind, ist es wichtig, diese mit den Schülerinnen und Schülern zu konkretisieren und an Beispielen festzumachen.

Diese Präsentation mit den Statements der Schüler und Schülerinnen sowie der Lehrkräfte wird in der Schulversammlung allen gezeigt. 

Zu Beginn der Präsentation steht der Grundgesetz-Artikel „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Welches Verhalten ist einen Chip wert? Beispiele:

Friedlich:

  • Ein Konflikt beim Pausen-Fußball kann mit Hilfe eines Erwachsenen ohne Schimpfwörter geklärt werden.
  • Die Partnerarbeit gelingt, auch wenn es nicht der Wunschpartner war.
  • Nach einem Streit lässt sich eine Schülerin oder ein Schüler eine kreative Wiedergutmachung einfallen.

Freundlich:

Eine Schülerin oder ein Schüler 

  • klopft trotz offener Türe im Sekretariat an und geht nicht einfach hinein.
  • hält jemandem die Türe auf.
  • kommuniziert mit „Guten Morgen“, „Bitte“, „Danke“ und einem „Lächeln“.

Fair:

  • Eine Schülerin oder ein Schüler kann nach einem Streit seinen Eigenanteil zugeben.
  • Eine Schülerin oder ein Schüler kann mit seiner Wortmeldung bis zum Schluss warten.
  • Es sind zehn Schülerinnen/ Schüler, aber nur neun Tablets. Wer arbeitet zusammen?

Wer verteilt die Chips?

Alle im im Haus tätigen Erwachsenen (auch Schulverwaltungsangestellte, Reinigungskräfte und Schulbegleitungen) verfügen über ein unbegrenztes Repertoire an Plastikchips und können jedem Kind und Jugendlichen der Schule einen Chip "schenken".

Wer sammelt Chips?

Die Chips werden nicht für sich behalten, sondern für die Klasse gesammelt.

Wo werden die Chips gesammelt?

Jede Klasse bekommt zu Beginn des Schuljahres eine Spardose.

Wann wird der Pokal verliehen?

Am Freitag vor Ferienbeginn (vor allen Ferien) findet eine Schulversammlung statt. Hier werden feierlich die Chips jeder Klasse gezählt. Die Klasse mit den meisten Chips gewinnt den FFF-Pokal.

Wie viele Pokale gibt es?

Es gibt nur einen Pokal, der von Gewinner-Klasse zu Gewinner-Klasse wandert.

Der Pokal steht bis zur nächsten Schulversammlung in deren Klassenzimmer.

Ein Foto der aktuellen Gewinner-Klasse mit Pokal hängt für alle sichtbar im Schaukasten.

Schülerzitat: „Ich habe Guten Morgen gesagt, bekomme ich jetzt einen Chip?"

Was nimmt man wahr?

Das Verschenken eines Chips für friedliches, freundliches oder faires Verhalten ist kein Muss, d.h. nicht auf jedes „Türe-Aufhalten“ muss beispielsweise ein Chip folgen. Das Verschenken eines Chips liegt allein in der (subjektiven) Entscheidung jedes einzelnen Erwachsenen. Wie bei allen Verstärkersystemen ist eine kritische Reflexion wichtig, um Manipulation zu verhindern.

Zu Beginn des Schuljahres ist die Euphorie so groß, dass „nur um des Chips-Willen“ das positive Verhalten gezeigt wird. Beispiel: Drei Schüler wollen als Erster an der Türe sein, um diese für den Lehrer aufzuhalten.

Nach und nach schleifen sich die positiv verstärkten Verhaltensweisen ein und prägen das Schulklima. Der Plastikchip tritt in den Hintergrund.

Vor allem Kinder in den Klassen 1 – 5 zeigen große Motivation und Freude beim Sammeln der Plastikchips und Stolz beim Gewinnen des Pokals. 

Bei den höheren Klassen besteht die Gefahr, dass die Motivation schnell nachlässt. Das Verstärken des achtsamen Umgangs miteinander in Form von Chips zeigt sich in der beschriebenen Variante nicht mehr altersadäquat. An einer Alternative wird gearbeitet.

Dieser Baustein wurde an der Bartolomeo-Garelli-Schule erarbeitet und erprobt.

Zugehörige Theoriemerkmale:

"Präventive Wende" als bewusste Entscheidung in der pädagogischen Schulentwicklung.

Schule als Ort, an dem es Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen gut geht.

Nährboden für gelingende pädagogische Prozesse im Kollegium.

Dieser Artikel ist ein Baustein der ISB-Veröffentlichung

Haltung und Handlungssicherheit –

Schulentwicklung bei herausforderndem Verhalten.

Feedback

Bilder: © ISB. Miriam Schneider